Zurück zur Vernunft: Endlich Schluss mit dem Bonpflicht-Irrsinn

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Vor allem für kleine Händler war die Nachricht wie ein Befreiungsschlag: Bis Ende 2025 will die Merz-Regierung im Rahmen ihres „Sofortprogramms für den Bürokratierückbau“ die Pflicht, Kassenbons auszudrucken, abschaffen. Warum das Ende der Zettelwirtschaft überfällig ist – und die Finanzbehörden trotzdem genug Mittel haben, Steuerbetrug aufzudecken.

Ein Kommentar von Redakteur Christoph Steinhauer – im Nebenerwerb Shopbetreiber.

Welch politische Ironie: Es war die schwarz-rote Koalition unter Merkel, die vor fünf Jahren die Bonpflicht einführte, um „Steuerbetrug an der Ladenkasse“ zu bekämpfen. Jetzt schafft Schwarz-Rot die Bonpflicht wieder ab. Doch Ironie hin oder her: Es ist gut, dass der Bonpflicht-Irrsinn ein Ende hat und die Vernunft zurückkehrt. Der Schritt zeigt, dass Politik auch mal bereit ist, Fehler zu korrigieren und auf die Realität zu schauen.

Wer jetzt eine Welle des Steuerbetrugs auf uns zurollen sieht, den lade ich zu einem kleinen Realitätscheck ein. Im Bäckerhandwerk, das sich besonders für die Abschaffung der Bonpflicht eingesetzt hat, muss selbst für Cent-Beträge ein Bon gedruckt werden. Das Thermopapier rattert aus der Maschine. Der Kunde wirft den Zettel direkt in den Mülleimer. Aber meist will er das lästige Stück Papier gar nicht. Dann entsorgt es – höchst unkorrekt, aber pragmatisch – der Bäcker selbst. Täglich, hunderte Male. Eine Absurdität, die im Grunde jeder Betreiber eines Ladengeschäfts, jeder kleine Handwerksbetrieb und jeder Marktstandbesitzer anprangert.

Umweltschädliche Zettelwirtschaft

Kassenbons bestehen aus Thermopapier mit problematischen Farbentwicklern, die nicht ins Altpapier gehören, sondern im Restmüll entsorgt werden müssen. Auch Thermopapiere ohne das verbotene Bisphenol A (BPA)  enthalten chemische Farbentwickler, die vermutlich gesundheitliche und ökologische Schäden hervorrufen können.

Nur ein Papiertiger gegen Steuerbetrug

Aber zum Kern des Realitätschecks: dem angeblichen Kampf gegen Steuerhinterziehung. Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft warnt vor dem Verlust einer „bewährten Kontrollmaßnahme“, dass es „gerade jetzt in Zeiten knapper Kassen ein fatales Signal“ sei, diese Regelung aufzugeben. An belastbaren Zahlen, die beweisen, dass die Bonpflicht zusätzliche Steuereinnahmen gebracht hat, die den Aufwand rechtfertigen, fehlt es allerdings. Die verfügbaren Angaben über Milliardensummen beziehen sich auf Schätzungen des Gesamtschadens durch Steuerbetrug im Bereich der Kassen und eben nicht auf nachweislich durch die Bonpflicht verhinderte Betrugsfälle oder eingetriebene Summen.

Die Wahrheit ist: Moderne Kassensysteme mit technischer Sicherungseinrichtung (TSE) – längst Pflicht – erfassen bereits alle Transaktionen fälschungssicher. Wer trotzdem Steuern hinterziehen will, lässt sich meiner Meinung nach nicht von einem Stück Papier aufhalten. Manipulierte Kassen gab es vor der Bonpflicht, und es wird sie auch nach der Bonpflicht geben. Kriminelle Energie lässt sich jedenfalls nicht durch Papierverschwendung eindämmen. Wer ehrlich ist, war es auch vor der Bonpflicht. Wer betrügen will, findet auch mit Bonpflicht seine Wege. Ein viel wichtigerer Schritt gegen Steuerbetrug an der Ladenkasse ist die von der Koalition geplante Abschaffung der klassischen Barkasse ab 2027. Pflicht wird die digitale Kasse zwar erst für Händler mit einem Jahresumsatz von mehr als 100.000 Euro – aber immerhin, Manipulationen werden weiter erschwert.

Digitalisierung ist die Lösung – nicht das Problem

Die Kritiker der Bonpflicht-Abschaffung übersehen, dass wir im Jahr 2025 leben. Digitale Belege sind längst möglich und technisch ausgereift. Wer einen Nachweis für Reklamationen braucht oder einfach so gerne einen Beleg über seinen Kauf hat, kann ihn digital erhalten. Wer keinen will, wird nicht mehr genötigt, das Stück Papier anzunehmen. Die Kontrolle durch Finanzbehörden wird dadurch nicht schwieriger – im Gegenteil. Digitale Systeme sind nachvollziehbarer und manipulationssicherer als jeder Papierbon.

Jede Minute weniger Bürokratie zählt

Die Bonpflicht ist sicher nicht der große Fisch beim Bürokratieabbau, aber ein Symbol der deutschen Bürokratie-Wut. Während andere Länder ihre Unternehmen entlasten, zwingen wir unsere Händler zu solch sinnlosen Ritualen. Die Kosten für Papier, Drucker und Wartung summieren sich – Geld, das besser in die Weiterentwicklung des Betriebs investiert wäre. Wieder ein Argument für das Ende der Bonpflicht. Gerade die kleinen Händler, oft Einzelkämpfer, leiden unter den Vorschriften. Jede eingesparte Minute bürokratischen Aufwands ist für sie eine Minute mehr für das Geschäft. Jeder gesparte Euro ist ein Euro mehr für ihre Investitionen oder die Unterstützung durch Mitarbeiter.

Keine Bonpflicht ist nicht das Ende der Kontrollmöglichkeiten

Wer behauptet, ohne Bonpflicht könnten Finanzbehörden nicht mehr kontrollieren, verkennt also die Realität. Testkäufe, Betriebsprüfungen und die Analyse der TSE-Daten bieten weitaus effektivere Kontrollmöglichkeiten als ein Stück Papier, das verblasst. Wenn in den kommenden Monaten die letzten Bonpflicht-Bons aus den Druckern surren, dann geht eine Zeit der Verschwendung zu Ende. Die Händler werden aufatmen, die Umwelt sowieso und die Kunden auch, denn ihr Portemonnaie passt wieder besser in die Hosentasche.

Kleiner Nachtrag: In meinem eigenen Shop habe ich schon vor Jahren das Bargeld abgeschafft. Für mich ist das wirklicher Fortschritt. Es spart Zeit, Nerven und Geld, und die meisten Kunden begrüßen das. Wer will, bekommt natürlich einen Papierbon, aber immer häufiger bevorzugen Kunden, die einen Beleg brauchen, den digitalen Weg. Über das Kassensystem kann ich den digitalen Beleg sofort an die angegebene E-Mail-Adresse senden.

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