Reparatur-Muffel Deutschland – wo bleiben die Anreize?

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Eine aktuelle Studie zeigt: Im internationalen Ländervergleich landet Deutschland bei der Reparatur von Elektrogeräten auf dem letzten Platz – zu teuer und zu umständlich. Warum ist das so und was machen andere Länder besser? Die AGEV bekräftigt ihre Forderung nach einem Mehrwertsteuersatz „0“ für Reparaturen.

Elektrogeräte reparieren statt wegwerfen: Das scheint in Deutschland nicht richtig ins Rollen zu kommen. Laut der aktuellen Studie „Reparieren oder neu kaufen“ des Nürnberger Instituts für Marktentscheidungen (NIM) bildet Deutschland das Schlusslicht von sieben untersuchten Ländern. Um herauszufinden, wie es um das nationale Reparaturverhalten steht, wurden Verbraucher in Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien, Polen, Großbritannien und den USA befragt. Demnach ließen 2024 nur 41 Prozent der deutschen Verbraucher mindestens ein defektes Elektrogerät instand setzen – der niedrigste Wert. Ganz oben auf der Liste rangiert Italien: Dort liegt die Reparaturquote bei 61 Prozent.

Warum Deutschland Schlusslicht ist

In der Studie werden vor allem zwei Gründe genannt, die Reparaturen hierzulande unattraktiv machen: hohe Kosten und zu viel Aufwand. Preislich liegt eine Reparatur beim Fachhändler nicht selten nahe am Neupreis und dauert oft mehrere Wochen. Zudem sind viele Ersatzteile entweder schwer verfügbar oder nur über den Hersteller direkt zu beziehen, was die Kosten weiter in die Höhe treibt. Verbraucher berichten von Intransparenz, langen Wartezeiten und fehlender Verlässlichkeit. Hinzu kommt, dass das Netz an Reparaturdiensten in Deutschland dünn gesät ist. Zwar gibt es Initiativen wie Repair-Cafés, doch sie bleiben Nischenangebote.

Was andere Länder besser machen

Ein Blick nach Italien zeigt, dass es besser geht: Dort gibt es staatliche Förderungen und steuerliche Anreize, die Reparaturen attraktiver machen. Verbraucher können hier einen Teil der Reparaturkosten von der Steuer absetzen, was die Hemmschwelle deutlich senkt. Zudem ist die Verfügbarkeit von Ersatzteilen besser geregelt. Frankreich wiederum hat 2021 einen „Reparaturbonus“ eingeführt. Verbraucher erhalten dabei einen Zuschuss, wenn sie Geräte reparieren lassen, statt neue zu kaufen. Auch in Österreich können Privatpersonen einen Reparaturbon von maximal 200 Euro pro Gerät beantragen. Die starke Nachfrage zeigt sich in den 1,7 Millionen Anträgen, die seit Einführung gestellt wurden. Das Geld wird direkt auf das Konto der Antragsteller überwiesen. Die Förderaktion wurde im Mai allerdings vorerst außer Kraft gesetzt, soll aber noch in diesem Jahr fortgesetzt werden. Ein positiver Vorreiter in Deutschland ist das Bundesland Thüringen. Auch hier erhalten Privatpersonen bei einem bewilligten Onlineantrag einmal pro Jahr einen Reparaturbonus für Elektrogeräte (maximal 100 Euro). Solche Bonus-Modelle stoßen auf hohe Nachfrage. Das führt jedoch auch dazu, dass die bereitgestellten Fördermittel immer wieder ausgeschöpft sind und erst neu bewilligt werden müssen.

Damit Verbraucher langfristig nachhaltige Entscheidungen treffen können, sollte schon beim Kauf ersichtlich sein, wie gut ein Gerät repariert werden kann. Frankreich hat hier bereits gehandelt: eine Reparatur-Index-Pflicht sorgt für mehr Transparenz. Dabei müssen Hersteller über die Kennzahlen 0 bis 10 transparent machen, wie leicht sich ein Gerät reparieren lässt. Das erhöht den Druck auf die Industrie, langlebigere Produkte zu entwickeln.

Recht auf Reparatur braucht „Futter“

Das EU-weite „Recht auf Reparatur“, das Hersteller dazu verpflichtet, für bestimmte Geräte Ersatzteile und Reparaturanleitungen bereitzustellen, ist bereits seit 2021 in Kraft. Im Juni dieses Jahres folgte die neue Ökodesign-Verordnung der EU. Danach müssen Hersteller Produkte wie Smartphones so gestalten, dass sie reparierbar, langlebig und ressourcenschonend sind. Während einige Länder die EU-Vorgaben bereits in nationale Programme umgesetzt haben, hinkt Deutschland hinterher. Die aktuelle Regierung diskutiert zwar über eine Stärkung des Reparaturrechts, konkrete Maßnahmen wie eine gezielte steuerliche Absetzbarkeit von Reparaturleistungen oder ein Reparaturbonus für Privatpersonen lassen jedoch auf sich warten. Mit anderen Worten: Das Thema hat keine Priorität.

Forderungen liegen auf dem Tisch

Verbraucherschützer, Umweltverbände und Nachhaltigkeitsinitiativen bringen in Gesprächen mit Regierungsvertretern immer wieder ihre zentralen Forderungen ein, um die Reparaturquote zu verbessern: einen bundesweiten Reparaturbonus, steuerliche Entlastungen, bessere Ersatzteilversorgung durch Hersteller, einen Reparaturindex nach französischem Vorbild oder die Förderung von Reparaturnetzwerken wie regionale Werkstätten und Repair-Cafés. So ließe sich nicht nur Elektroschrott reduzieren, sondern auch das Konsumverhalten in Richtung Nachhaltigkeit lenken.

AGEV-Geschäftsführer Franz J. Grömping ist überzeugt, dass vor allem finanzielle Anreize zu fundamentalen Verbesserungen führen. „Die EU-Richtlinie muss den Mitgliedstaaten unbedingt die Möglichkeit geben, eine Abstufung der Mehrwertsteuer vorzunehmen. Wir halten einen Mehrwertsteuersatz von null Prozent für Reparaturen für zwingend geboten. Das haben wir bereits 2023 gefordert. Attraktive finanzielle Anreize könnten schrittweise auch auf weitere Dienstleistungen ausgedehnt werden, um die zirkuläre Wirtschaft zu fördern.“

Bisher dürfen Mitgliedstaaten im Rahmen der EU-Reparaturrichtlinie die Mehrwertsteuer für Reparaturen einzelner Produktgruppen zwar senken. Eine allgemeine Senkung für Elektrogeräte ist rechtlich jedoch noch nicht durchgehend umgesetzt.

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