Urheberschutz im KI-Kontext: Der Widerstand wächst

Viele KI-Systeme nutzen für ihr Training Daten, die urheberrechtlich geschützt sind – ohne die Zustimmung der Rechteinhaber. Dies ist nach deutschem Gesetz ein Rechtsbruch. Dessen werden sich mehr und mehr Urheber bewusst und gehen gegen diese KI-Praxis vor.

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Rechteinhaber stehen vor der Herausforderung, den Balanceakt zwischen Förderung technologischer Innovation und dem Schutz ihrer Werke hinzubekommen. Bislang haben viele KI-Systeme urheberrechtlich geschütztes Material für ihr Training verwendet, ohne die ausdrückliche Zustimmung der Rechteinhaber einzuholen. Das Training selbst – also auch ohne die Veröffentlichung eines fertigen Werks – stellt jedoch nach deutschem Recht in den meisten Fällen bereits eine Verletzung des ausschließlichen Rechts des Urhebers gemäß § 16 Urheberrechtsgesetz (UrhG) – des sogenannten Vervielfältigungsrechts – dar. Denn die Sammlung und Speicherung, jedenfalls im Korpus als Datensatz zu fortdauernden Trainingszwecken, tangiert nach herrschender Auffassung dieses dem Urheber zustehende Recht. Rechteinhaber werden zunehmend auf die Verletzung ihrer Urheberrechte durch die Verwendung ihrer Werke für das Training von KI-Systemen aufmerksam und erheben entsprechend Einwände.

Opt-out-Erklärung

Die Sony Music Group untersagte jüngst ausdrücklich und nahezu vollständig den Einsatz ihrer urheberrechtlich geschützten Werke zu KI-Trainingszwecken. Unter Rückgriff auf urheberrechtliche Grundsätze haben die Sony Music Group und ihre Partner am 16. Mai 2024 in einer Pressemitteilung bekannt gegeben, dass jede Text- oder Datenauswertung, Web-Suche oder ähnliche Reproduktion, Extraktion oder Verwendungen jeglichen Inhalts, an denen ihnen Rechte zustehen, für jegliche Zwecke und zwar ausdrücklich auch im Zusammenhang mit der Schulung, Entwicklung und Kommerzialisierung eines KI-Systems und auf jede Weise ausdrücklich untersagt sei, soweit dies nach dem jeweils geltenden Recht zulässig sei. Das gelte für musikalische Kompositionen, Texte, Tonaufnahmen, audiovisuelle Aufnahmen, Kunstwerke, Bilder und Daten. Damit macht die Sony Music Group ausdrücklich von ihrer aus dem Urheberrecht stammenden Entscheidungsbefugnis Gebrauch und erklärt einen sogenannten „KI Training Opt Out“.

Nach Vorstellung des Unternehmens sollen KI-Anbieter bei der Suche nach Trainingsmaterial zunächst den Rechteinhaber kontaktieren und mit diesem über – zu vergütende – Nutzungen verhandeln. Sie sollen gerade nicht zum Training von KI-Technologien frei auf das Repertoire des Musik-Labels zugreifen können. Die Sony Music Group betont zwar, dass KI als kreatives Werkzeug durchaus für die Branche Innovationen schaffen könne, mahnt jedoch für die Künstler eine angemessene Berücksichtigung ihrer urheberrechtlichen Interessen an.

Ausblick

Der Fall Sony Music Group ist nur ein Beispiel von vielen repräsentativen dafür, welche rechtlichen Implikationen und Ungewissheiten mit dem Einsatz von KI verbunden sind. Zweifellos behält sich die Sony Music Group ausdrücklich Urheberrechte vor. Fraglich ist nun, ob sich das Unternehmen nach deutschem Verständnis ein Recht auf Vervielfältigung zum Zwecke von Data Mining vorbehalten kann. Wegen der hohen Reichweite sowie der hohen Marktbedeutung der Sony Music Group, die das Schreiben an über 700 Unternehmen aus der KI-Entwicklung – auch in der Europäischen Union – versendet hat, könnte die momentan praktizierte Vorgehensweise durchaus auf Widerstand stoßen und so eine Klagewelle auslösen. Hier stellt sich vor allem die Frage, ob die sogenannte Text-and-Data-Mining-Schranke für ein KI-Training anwendbar ist. Der Ausgang der anhängigen Verfahren in den USA und in Deutschland war bei Redaktionsschluss noch offen. Rechteinhabern ist aktuell daher zu raten, sich möglichst umfassend und detailreich die betreffende Verwendung ihrer Werke durch KI oder für KI-Trainings vorzubehalten.

Quelle: DATEV magazin