AGEV-Unternehmertreff: Wie Unternehmen ihr erstes KI-Projekt starten
KI-Tools sind längst in der Praxis angekommen – doch wie gelingt der Einstieg ins erste eigene Projekt? Beim AGEV-Unternehmertreff Anfang September zeigten die KI-Experten Lars Becker und Pascal Böckmann, wie Unternehmen erste Anwendungsfälle identifizieren können und worauf es dabei ankommt.
Rund 100 AGEV-Mitglieder hatten sich zum Unternehmertreff zugeschaltet, zu dem die AGEV am 2. September eingeladen hatte. Der Titel: „Ihre Reise in die Welt der Microsoft KI: Anwendungsfälle mit Copilot & Azure AI Services“. Auf der Agenda standen ein Überblick über aktuelle KI-Entwicklungen, die Services von Microsoft und Beispielanwendungen in einer Live-Demo. Doch der eigentliche Kern des Nachmittags: die Frage, wie Unternehmen ihre eigenen Anwendungsfälle identifizieren und den Weg zum ersten KI-Projekt starten können.
„KI ist kein Selbstzweck“, betonte Pascal Böckmann, Consultant beim Bonner IT-Dienstleister Synalis. Manchmal reiche es schon, Prozesse zu automatisieren, ohne gleich eine KI zu bemühen. Dennoch sei das Potenzial enorm. Laut einer Bitkom-Umfrage beschäftigt sich inzwischen über die Hälfte der deutschen Unternehmen mit Künstlicher Intelligenz – ein Thema, das quer durch alle Branchen Fahrt aufnimmt.
Microsoft-Technologien – Werkzeuge für den Alltag

Gemeinsam mit seinem Kollegen Lars Beckerstellte Böckmann die Microsoft-Entwicklungen vor. Das Tech-Unternehmen habe bereits früh eine strategische Partnerschaft mit OpenAI geschlossen und integriere die KI seither nahtlos in seine Produkte. Für Anwender bedeutet das: KI-gestützte Funktionen sind nicht länger nur Zukunftsvision, sondern im Arbeitsalltag angekommen. Der Microsoft 365 Copilot fasst zum Beispiel Meetings automatisch zusammen, erstellt Textentwürfe oder beantwortet E-Mails – direkt in den jeweiligen MS-Anwendungen. „Das spart Zeit und schafft Verlässlichkeit, weil die Quellen immer nachvollziehbar bleiben“, erklärte Böckmann in der Demo.
Neben diesen Standardlösungen bietet Microsoft auch Low-Code-Ansätze wie Copilot Studio, mit denen Fachabteilungen eigene Assistenten entwickeln können. Für hochspezialisierte Anforderungen schließlich steht die Azure AI Foundry bereit – die Spielwiese für Entwickler, die KI-Bausteine wie Sprachmodelle, Bildanalyse oder Texterkennung frei kombinieren.
Vom Problem zur Lösung: Use Cases entwickeln
Den Kern des Unternehmertreffs bildete die Use-Case-Entwicklung. Lars Becker machte deutlich: „Individuelle KI-Lösungen lohnen sich besonders dort, wo Prozesse aufwendig und kostspielig sind.“ Damit ihre Kunden systematisch starten können, nutzen die Berater ein vierstufiges Vorgehen:
- Anwendungsfeld eingrenzen – Wo drückt der Schuh? Ob im Marketing, im Vertrieb oder in der Produktion: Zuerst müssen Unternehmen den Bereich klar benennen, in dem Optimierung sinnvoll ist.
- Ideen entwickeln – Problemorientiert (wo hakt es?), datenorientiert (welche Schätze liegen ungenutzt in CRM oder Ticketsystemen?) oder technologieorientiert (welche neuen Tools bieten Chancen?).
- Bewerten und priorisieren – Welche Idee ist technisch machbar, wirtschaftlich sinnvoll und schnell umsetzbar?
- Proof of Concept – Bevor es in die große Umsetzung geht, wird ein Prototyp getestet und der tatsächliche Nutzen überprüft.
Als Werkzeug dient dabei ein sogenanntes Use-Case-Canvas, ein strukturiertes Modell, das Problemstellung, Chancen, benötigte KI-Fähigkeiten und Risiken nebeneinanderstellt.
Praxisbeispiele: Von Kanzleien bis Handwerksbetriebe
Wie das konkret aussehen kann, zeigten die Referenten an realen Projekten. Eine Anwaltskanzlei etwa ersetzte ihre teuren Diktiergeräte durch eine KI-Lösung: Sprachaufnahmen werden automatisch transkribiert, formatiert und direkt in Word-Dokumente übertragen. Möglich machen das Modelle wie „Whisper“ für Spracherkennung und GPT für Textgenerierung.
Auch spontane Ideen der Teilnehmenden fanden Eingang in die Diskussion: von automatischer Stromkostenabrechnung über intelligente Schichtplanung im Handwerk bis zur telefonischen Bearbeitung von Kundenanfragen. Während nicht jede Anforderung ein klassisches KI-Problem sei, zeige sich doch: Fast jede Branche entdeckt inzwischen Potenziale für Automatisierung und smarte Assistenzsysteme.
Chancen und Risiken
KI kann Prozesse beschleunigen, Mitarbeiter entlasten und neue Geschäftsmöglichkeiten eröffnen. Doch die Referenten wiesen auch auf Grenzen hin: Datenschutz, sensible Informationen und die Qualität der Daten seien entscheidend. „Gute Daten sind der Treibstoff für gute KI“, betonte Becker. Schlechte Daten führten dagegen schnell zu unzuverlässigen Ergebnissen. Auch die Erwartungen müssten realistisch bleiben: „KI ist kein Allheilmittel. Sie ist ein Werkzeug, das man sinnvoll einsetzen muss – und das manchmal auch Grenzen hat“, so Böckmann.
Erste Schritte wagen
Die Veranstaltung endete mit einem klaren Appell: Unternehmen sollten nicht warten, sondern erste Schritte wagen – ob mit einfachen Copilot-Funktionen oder einem kleinen Pilotprojekt. Die Werkzeuge sind da und das Know-how wächst. „Am Anfang steht immer die Frage: Welches Problem will ich wirklich lösen?“, fasste Becker zusammen. Wer diese Frage präzise beantworten kann, habe den wichtigsten Schritt zum erfolgreichen KI-Projekt bereits getan.
Ihre Kontakte zu Synalis: lars.becker@synalis.de; pascal.boeckmann@synalis.de
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