Solaranlage mieten statt kaufen?
Ein Lösungsansatz der Kreislaufwirtschaft ist die Abkehr von Besitz. Warum besitzen, wenn man Dinge auch mieten kann? „AGEV im Dialog“ wirft in diesem Jahr einen Blick auf Geschäftsmodelle der Circular Economy. Photovoltaik als Mietobjekt ist eines davon.
- Bei einer gemieteten PV-Anlage wird über eine festgelegte Mietdauer (15 bis 25 Jahre) eine monatliche Gebühr fällig.
- Die Vorteile: keine hohen Anfangsinvestitionen; das Delegieren von Aufgaben wie Installation, Betrieb, Wartung oder Reparatur.
- Die Kostenspar-Effekt beim Mietmodell zeigt sich meist erst gegen Ende oder sogar nach Ende des Mietvertrags, wenn die Anlage übernommen wird.
Seit die Energiekosten massiv steigen, denken viele Eigenheimbesitzer über Photovoltaik (PV) auf dem Dach nach. Dass man die teuren Anlagen nicht kaufen muss, sondern mieten kann, ist nicht ganz neu. Doch mit der Nachfrage nach Solarenergie wächst auch das Interesse am Mietmodell, das Unternehmen und regionale Energieversorger anbieten. Die größte Zielgruppe sind Familien, denen entweder die liquiden Mittel für eine teure PV-Anlage fehlen, die ihr Geld lieber woanders investieren oder die weder Zeit noch Nerven haben, sich mit der Technik und dem Management einer PV-Anlage zu beschäftigen.
So funktionieren Mietmodelle
Die Mietangebote der Anbieterfirmen variieren zwar im Detail, doch das Konzept ist im Prinzip bei allen gleich. Am Beispiel von Enpal, derzeit Marktführer bei der Vermietung von Solaranlagen, sieht die Dienstleistung so aus: Als Vermieter übernimmt Enpal die komplette Abwicklung inklusive Finanzierung, Installation, Wartung und Betrieb der PV-Anlage. Auch eine Wallbox oder ein Energiespeicher können auf Kundenwunsch hinzugemietet werden. Die monatlichen Beiträge belaufen sich je nach Anbieter im Markt und Leistungsumfang zwischen 60 und 200 Euro – eine Summe oft nah an den monatlichen Stromkosten, die ohne PV-Anlage anfallen würden. Bestandteil des Mietvertrags ist im Falle von Enpal zudem, nach einer 20-jährigen Vertragslaufzeit die Anlage für einen symbolischen Euro zu übernehmen. Das kann angesichts einer Lebensdauer moderner PV-Anlagen von 30 Jahren und mehr durchaus lukrativ sein.
Doch bevor ein Mietprojekt überhaupt konkret wird, muss der Interessent im Vorfeld selbst tätig werden: zum Beispiel Fotos von seinem Dach und der Haustechnik schicken, damit der Anbieter zunächst die Eignung der Fläche, die potenzielle Größe der PV-Anlage, die Abogebühr, die Eignung der Haustechnik und den Ertrag an Solarstrom errechnen kann. Sind alle Vorbedingungen erfüllt, kann die Anlage im Prinzip installiert werden.
Weniger Bürokratie für den Mieter – wäre da nicht die Steuer
Wer eine PV-Anlage mietet, möchte verständlicherweise weniger Aufwand für den Umstand haben, dass er über die Gesamtlaufzeit mehr zahlt als bei einer gekauften Anlage. Tatsächlich ist es auch so, dass die Vermieter ihren Kunden eine Menge abnehmen – angefangen von der Meldung der Anlage im Marktstammdatenregister und beim zuständigen Netzbetreiber, Markt- und Technologiewissen über Wartung und Reparaturen bis hin zur Versicherung der Anlage. Welche Leistungen Bestandteil des Mietvertrags sind, sollte man als Mieter angesichts der langen Laufzeit allerdings immer genau prüfen, damit später keine unerwarteten Kosten entstehen.
Nicht entlastet ist der Mieter allerdings beim Thema Steuern. So kann man als Solarmieter steuerrechtlich zum Unternehmer werden, der Strom verkauft. Viele erfahren das erst, wenn sie den Vertrag schon unterschrieben haben. Deswegen ist es wichtig, sich im Vorfeld mit der steuerlichen Behandlung des Mietmodells auseinanderzusetzen. Bei kleinen Anlagen bis zehn Kilowatt-Peak (kWp) kann beim Finanzamt Liebhaberei beantragt werden – was die Sache einfacher macht. Einen guten Überblick über das Steuerthema bei gemieteten PV-Anlagen bietet zum Beispiel das Solarportal pv-magazine.de
Einspeisevergütung und Berechnung der finanziellen Vorteile
Bei der Nutzung selbst unterscheidet sich die gemietete Solaranlage kaum von der gekauften. Das heißt, Stromüberschüsse werden ins öffentliche Netz eingespeist, bei Sonnenmangel wird Strom hinzugekauft. Von der staatlichen Förderung in Form der Einspeisevergütung profitieren also auch Mieter von Solaranlagen, es sei denn, im Vertrag ist explizit etwas anderes vereinbart.
Wie hoch das Einsparpotenzial bei gemieteten PV-Anlagen tatsächlich ist, hängt wie bei den gekauften von vielen Faktoren ab: der Größe der Solaranlage, einem potenziellen Speicher, der Höhe der Einspeisevergütung, der Eigenverbrauchsquote, der Strompreissteigerung und dem betrachteten Zeitraum. Derzeit ist es so, dass sich durch die gestiegenen Preise PV-Anlagen generell erst später rechnen als noch vor einigen Jahren. Laut Stiftung Warentest, die die Solarenergie zuletzt im Juli 2022 unter die Lupe nahm, bringt eine private PV-Anlage über einen Zeitraum von 20 Jahren drei bis sechs Prozent Rendite. Durch die eingepreisten Finanzierungs- und Servicekosten zeigt sich die Kostenersparnis bei gemieteten Anlagen meist erst gegen Ende oder sogar nach Ende des Mietvertrags. Nur wenn die Gesamtkosten geringer sind als das, was man in Summe an Stromkosten spart und durch die Einspeisung erhält, ist der finanzieller Vorteil sicher.
Fazit:
„Solaranlage mieten und langfristig sparen“ lautet das Versprechen der Anbieter. Doch nicht immer errechnen diese den Spareffekt auf realistischer Basis, weswegen man trotz des Aufwands einige Parameter selbst prüfen bzw. Vergleiche einholen sollte. So ist für eine Wirtschaftlichkeitsberechnung zum Beispiel die Eigenverbrauchsquote besonders relevant, das heißt, welchen Anteil des produzierten Stroms man selbst verbraucht. Mit dem Solarrechner der Verbraucherzentrale lässt sich abschätzen, in welchem Bereich die Eigenverbrauchsquote liegen könnte. Relevant ist auch die Strompreissteigerung, die natürlich niemand über 20 oder mehr Jahre seriös abschätzen kann. Jüngster Beweis ist der Ukrainekrieg mit seinen massiven Auswirkungen auf den Energiesektor. Diese Ungewissheit verhindert im Grunde jede eindeutige Renditeaussage. Trotzdem: Auch hier sollte man gründlich prüfen, ob der Wert, der in die Berechnung des Anbieters einfließt, ansatzweise seriös ist und ob er für einen besseren Vergleich mehrere Szenarien kalkuliert – was hilfreich wäre.
Ein Webinar-Tipp: Nützliches Wissen rund um die Wirtschaftlichkeitsberechnung vermitteln Experten in einem kostenfreien Webinar des pv-magazine.
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