Open Source: Turbo für Innovationen
Open Source gehört zur IT wie der Schlüssel ins Schloss. Ob Betriebssysteme, Webserver, Cloud-Plattformen, Netzwerke, Datenbanken oder KI: In nahezu jeder modernen Software steckt Open Source. Auch kleine Unternehmen schätzen die freie Software, weil sie nichts kostet, weil sie mit ihr flexibel bleiben und nicht den Launen der Hersteller ausgeliefert sind. Über die Vorteile und Herausforderungen der Erfolgsgeschichte Open Source.
In den Anfangsjahren der Computerentwicklung war es üblich, Software mit anderen zu teilen. Die Programme, die an Forschungseinrichtungen, Universitäten und in Unternehmen entwickelt wurden, wurden mit der Community geteilt. Das war die gängige Praxis, um Software laufend weiterzuentwickeln. In den 1970er Jahren begann jedoch mit dem Aufstieg von Tech-Firmen wie Microsoft und IBM die Kommerzialisierung. Sie brachten proprietäre Software auf den Markt, deren Quellcode nicht öffentlich zugänglich war. Wer die Software nutzen wollte, musste Lizenzgebühren zahlen. Als Gegenbewegung zu dieser Kommerzialisierung entstand in den 1980er Jahren die „Freie-Software-Bewegung“, die sich dafür einsetzte, dass Software für jedermann kostenlos verfügbar und veränderbar sein sollte. Die „Geburt“ von Open Source verbinden die meisten allerdings mit dem Aufkommen des offenen Betriebssystems Linux Mitte der 1990er Jahre. Manche Medien prophezeiten damals sogar den Untergang des Windows-Imperiums von Microsoft.
Konkurrenz belebt die Softwareentwicklung
Bekanntlich kam es anders. Im Gegenteil: Nach dem Motto „Wettbewerb ist der beste Antreiber für Innovation und pragmatische Lösungen“ setzen Tech-Unternehmen wie Microsoft, Google, Meta und Amazon immer stärker auf Kollaboration: Die Tech-Giganten profitieren von der Innovationspower und den flexiblen Lösungen der Open-Source-Community – diese wiederum von der Unterstützung durch die finanzkräftigen Unternehmen. Microsoft ist heute eines der prominentesten Beispiele für die Integration von Open Source in seine Geschäftsstrategie. Ende 2018 gelang Microsoft ein wichtiger Coup mit dem Kauf von GitHub, der führenden Plattform für Open-Source-Projekte. GitHub ist „die“ Plattform für Entwickler und Open-Source-Communities weltweit und ermöglicht es Millionen von Entwicklern, gemeinsam an Projekten zu arbeiten.
Vorteile für kleine Unternehmen
Für viele Unternehmen – vor allem kleinere Firmen oder Startups – ist Open Source eine attraktive Alternative zu proprietärer Software. Content-Management-Systeme wie WordPress oder die Bürosoftware LibreOffice sind nur zwei populäre Beispiele, die aus vielen Büros nicht mehr wegzudenken sind. Freie Software hat viele Vorteile: Einer der größten ist die Kosteneffizienz. Denn selbst wenn man bei lizenzfreien Anwendungen indirekte Kosten wie Schulungen oder externen Support berücksichtigen muss, kommt man deutlich günstiger weg. Weitere Pluspunkte sind das Entwicklungstempo und die Anpassbarkeit. Unternehmen können den Quellcode nach eigenen Bedürfnissen modifizieren und so Lösungen schaffen, die im Gegensatz zu Standardsoftware maßgeschneidert sind. Zudem werden Probleme und Fehler durch die weltweite Entwicklergemeinschaft schneller entdeckt und gelöst, neue Ideen und Verbesserungen wiederum schneller umgesetzt. Auch Support und Wissensaustausch sind positive Zeichen einer aktiven Community. Das Thema Sicherheit spielt bei freier Software ebenfalls eine große Rolle. Auf den ersten Blick mag es paradox erscheinen, dass ein offener Quellcode mehr Sicherheit verspricht. Aber so ist es, da die Software von der Community ständig auf Sicherheitslücken überprüft wird. Lücken werden oft schneller entdeckt und behoben als bei der geschlossenen proprietären Software. Ein weiteres Argument für Open Source: Unternehmen sind nicht an einen bestimmten Hersteller gebunden und geraten so nicht in Lizenzabhängigkeiten. Jüngstes Beispiel für die Tragweite der Abhängigkeit von Lizenzmodellen ist der im kommenden Jahr auslaufende Support für Windows 10. Viele Unternehmen zögern den Umstieg auf Windows 11 hinaus, weil ihre Geräte – die ansonsten einwandfrei funktionieren – mit dem neuen Betriebssystem nicht mehr kompatibel sind. Die Abhängigkeit von Microsoft ist in diesem Fall also mit erheblichen Investitionen in neue Hardware verbunden.
Risiken im Blick behalten: Worauf zu achten ist
Damit der Einsatz von Open Source erfolgreich ist, sollten Unternehmer einige wichtige Punkte beachten und sorgfältig evaluieren, welche Open-Source-Software zum Einsatz kommt:
- Thema Stabilität: Läuft die offene Software stabil und wird sie von einer aktiven Entwicklergemeinschaft gepflegt? Nur wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, ist langfristig sichergestellt, dass die Software nicht veraltet und lückenhaft ist.
- Thema Sicherheit: Auch wenn Open Source oft als sicher gilt, bleibt das Risiko von Sicherheitslücken, insbesondere wenn verschiedenste Softwarekomponenten aus unterschiedlichen Quellen integriert werden. Regelmäßige Updates und Sicherheitsprüfungen sind daher Pflichtprogramm.
- Thema Support: Es gibt weder Garantien noch einen klassischen Support. Da viele Open-Source-Projekte von freiwilligen Entwicklern betreut werden, kann es vorkommen, dass diese Projekte irgendwann eingestellt oder nur noch unzureichend gepflegt werden. Unternehmen sollten daher sicherstellen, dass sie entweder über internen Support verfügen oder externen Support hinzuziehen, der wiederum kostenseitig zu Buche schlägt.
- Thema Rechtskonformität: Besonders sorgfältig sollten Unternehmen auch mit den rechtlichen Aspekten umgehen. Open-Source-Software ist zwar oft kostenlos, unterliegt jedoch bestimmten Lizenzbedingungen. Es gibt eine Vielzahl von Open-Source-Lizenzen (z. B. die GPL, MIT oder Apache-Lizenz), die unterschiedliche Anforderungen an die Nutzung und Verbreitung der Software stellt. Daher ist es wichtig, die Bedingungen der verwendeten Software zu kennen, um rechtliche Probleme oder Lizenzverletzungen zu vermeiden.
Für die digitale Souveränität ist Sicherheit Priorität eins
Da Open-Source-Komponenten mittlerweile einen Anteil von etwa 80 bis 90 Prozent in jeder modernen Software ausmachen, wird deren Absicherung immer wichtiger. Durch das Offenlegen des Quellcodes können Fehler zwar schneller gefunden werden, potenzielle Angreifer können aber auch leichter Schwachstellen im Projekt ausfindig machen – wie die gravierende Sicherheitslücke in der Open-Source-Bibliothek XZ Utils in diesem Jahr zeigte. Das Thema Sicherheit bei der Open-Source-Softwareentwicklung ist also entscheidend.
Das trifft insbesondere auf die Nutzung in der kritischen Infrastruktur zu, die deutlich ausgebaut werden soll. Denn der Staat und die öffentliche Verwaltung wollen aus Gründen der digitalen Souveränität künftig stärker auf Open-Source-Lösungen setzen. Der Cybersecurity-Hackathon, der am 8. November in Bonn stattfand, ist ein Beispiel für die wachsende Bewegung, die den Einsatz und die Sicherheit von Open-Source-Technologien im öffentlichen und privaten Sektor fördern will. Bei dem Hackathon hatten die Cybersecurity-Teams in einem Wettbewerb 48 Stunden Zeit, Lösungen für die Open-Source-Sicherheit zu entwickeln, die Unternehmen und öffentliche Verwaltung der digitalen Souveränität ein Stück näher bringen.
Open Source im Staat lässt auf sich warten
Der Ruf nach Open Source als Baustein für die digitale Souveränität des Staates ist nicht neu. Denn gerade in der öffentlichen Verwaltung kann Open Source zur Unabhängigkeit von großen Softwareanbietern wie Microsoft beitragen und damit auch erhebliche Kosten einsparen. Zwar hat die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag und in ihrer Digitalstrategie das Ziel formuliert, Open Source für die digitale Souveränität der Verwaltung zu fördern, geschehen ist bis heute aber zu wenig, kritisiert die OpenSource Business Alliance, der Bundesverband für digitale Souveränität. „Die Unabhängigkeit von monopolistischen proprietären Software-Anbietern ist zwingend notwendig, um die Zukunftsfähigkeit von Deutschlands Wirtschaft und Verwaltung zu gewährleisten“, sagt der Verbandsvorsitzende Peter Ganten im Interview mit AGEV im Dialog. Die bisherige Bundesregierung sei mit ihren Open-Source-Projekten grundsätzlich auf dem richtigen Weg, aber nicht konsequent genug.
Praxistipps zu Microsoft-Alternativen
Ein Kleinunternehmen kann durchaus ohne Microsoft-Software auskommen. Aber auch wenn Open Source viele Vorteile bietet, muss der Umstieg sorgfältig geplant und durchdacht sein, um Risiken zu minimieren.
- Prüfen Sie, ob die Lösung von einer aktiven und großen Community gepflegt und weiterentwickelt wird. Denn nur dann ist ausreichend Power da, Fehler rasch zu beheben und die Software leistungsfähig zu halten.
- Klären Sie Integration und Support. Wenn man kein eigenes IT-Personal hat, können „Open Source Integratoren“ helfen. Die spezialisierten Dienstleister bieten alles aus einer Hand: Die Vorauswahl des passenden Programms, Anpassungen, die Einbindung in die Firmen-IT sowie Support.
- Eine der am häufigsten genutzten und in der Praxis bewährten Open-Source-Alternativen zu Microsoft Office ist LibreOffice. Die Software basiert auf dem Quellcode von OpenOffice und bietet regelmäßige Updates, eine moderne Benutzeroberfläche und eine breite Kompatibilität mit Microsoft Office-Dateiformaten. LibreOffice umfasst: Textverarbeitungsprogramm, Tabellenkalkulations-, Datenbank- und Präsentationsfunktionen. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat in diesem Sommer die Sicherheit von LibreOffice noch einmal erhöht. So können beispielsweise unter dem Betriebssystem Windows vollautomatisch Updates heruntergeladen und installiert werden. Sicherheitsupdates sind damit schnell eingespielt. Auch die Passwort-Sicherheit wurde erhöht.
Mehr Informationen beim BSI
Plattformen für OpenSource:
GitHub: Für Entwickler und technisch versierte Nutzer ist GitHub die erste Wahl. Hier findet man nicht nur den Quellcode, sondern auch fertige Programme zum Download sowie die Möglichkeit zur Mitarbeit an Projekten. Zu GitHub
SourceForge: Eine weitere bekannte Plattform für Open-Source-Projekte, die eine große Sammlung von Open-Source-Software sowie Hosting und Kollaborationstools für Entwickler bietet. Zu SourceForge
Osssoftware: Diese Website hilft dabei, Open-Source-Alternativen zu kommerziellen Anwendungen zu finden. Filterung nach Kategorien wie Editoren, KI oder Bildbearbeitung Suchfunktion über Stichwörter. Zu osssoftware.org
Empfehlungen für Programme im Bereich Verwaltung/Organisation: Zukunft Digitale und Offene Verwaltung GmbH (zdov)
OMR Reviews: Hier findet man einen guten Überblick über empfehlenswerte Open-Source-Shopsysteme. Zu OMR Reviews
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