Datenautobahnen im Weltraum
Ein Glasfasernetz, nur im All und ohne Kabel: Mit seinen kompakten Laserterminals will das Münchner Startup Mynaric im Markt der modernen Datenübertragung mitmischen. Mit Lichtgeschwindigkeit können große Datenmengen zwischen Satelliten, Flugzeugen, Drohnen und Bodenstationen verschickt werden.
Die weltweiten Datenmengen wachsen mit der Nachfrage nach Big Data, Künstlicher Intelligenz und dem Internet der Dinge unaufhörlich. Das erfordert nicht nur immer größere Speicherkapazitäten, sondern auch bahnbrechende Innovationen in der Datenübertragung. Ohne einen Ausbau der Netzkapazitäten wird die bestehende Infrastruktur an ihre Belastungsgrenzen stoßen. Genau hier setzt die Vision des Startups Mynaric an, das 2009 von ehemaligen Mitarbeitern des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) gegründet wurde: Mittels Lasertechnologie will das Unternehmen eine extrem schnelle und sichere drahtlose Datenübertragung über große Distanzen ermöglichen. Nach eigenen Angaben ist die Lasertechnologie die einzige Wahl, um die Netzkapazität zu erhöhen – und zudem eine kostengünstige Alternative zum Verlegen von Glasfaserkabeln im Erdreich. Einen ersten großen Erfolg konnte Mynaric 2011 verbuchen, als es gelang, eine stabile Laserkommunikationsverbindung zwischen einem Flugzeug und dem Boden herzustellen. Seitdem entwickelt das Unternehmen um die Gründer Markus Knapek und Joachim Horwath seine Lasertechnologie kontinuierlich weiter. Seit 2017 ist Mynaric an der Börse, 2021 folgte auch die Notierung an der amerikanischen Technologiebörse Nasdaq.
Daten vom Himmel herabbeamen
Neu ist die Übertragung von Datenmengen mit Lichtgeschwindigkeit nicht. Bereits die Stuttgarter Airbus-Tochter Tesat-Spacecom hat bewiesen, dass es funktioniert. Ein weiterer Konkurrent ist das Unternehmen SpaceX von Elon Musk, das seine Starlink-Satelliten mit Laserterminals aus eigener Produktion ausstattet. Mynaric will trotzdem im Markt ganz vorne mitmischen und den etablierten Spezialisten Konkurrenz machen. Seinen Wettbewerbsvorteil sieht das Startup zum einen in seiner überlegenen Technologie, die mit den Systemen anderer Anbieter gut kompatibel ist, zum anderen in den geringeren Produktkosten durch Serienfertigung. Günstige Preise könnten tatsächlich ein Wettbewerbsvorteil sein, weil die meisten Satelliten ihre Daten in Zukunft nicht mehr per Funk, sondern mit Lichtgeschwindigkeit per Laser austauschen werden. Und jedes Jahr kreisen mehr davon in der Umlaufbahn. Bis 2030 könnte der Satellitenschwarm nach Branchenschätzungen auf 100.000 anwachsen. Hinzu kommt, dass die Datennetz-Infrastrukturen am Boden aus rechtlichen, wirtschaftlichen oder logistischen Gründen nicht beliebig erweiterbar sind.
Mynaric will seine schuhkartongroßen Laserterminals nicht nur auf Satelliten, sondern auch auf Drohnen und Flugzeugen anbringen. Auf diese Weise soll ein weltweites Netz von Flugobjekten entstehen, die über Laserkommunikation miteinander verbunden sind und Breitbandinternet in Lichtgeschwindigkeit an jeden Ort der Erde bringen können – auch an die abgelegenen und schwer zugänglichen. Laut Mynaric ist die eigene Übertragungslösung nicht nur extrem schnell, sondern gewährleistet im Gegensatz zur Funktechnik auch eine hohe Sicherheit bei der Datenübertragung. Denn Laserstrahlen sind schwerer abzufangen oder zu stören, was die Kommunikation vor Abhörversuchen und Störungen schützt. Das ist auch der Grund, warum das Unternehmen in den USA bereits an Regierungsprojekten für ein abhörsicheres Netz für Regierungssatelliten beteiligt ist.
Geopolitische Schlüsseltechnologie
Die optische Laserkommunikation ist strategisch inzwischen so bedeutend, dass die Vorgänger-Bundesregierung Mynaric im Jahr 2020 den Verkauf seiner Geräte nach China untersagte. Seither konzentriert sich das Unternehmen von seinen Standorten in Los Angeles und Washington D.C. aus verstärkt auf den amerikanischen Markt und ist dort an mehreren Regierungsprogrammen für ein abhörsicheres Satellitennetzwerk beteiligt.
Im Frühjahr dieses Jahres konnte das Unternehmen mit der Serienproduktion seines wichtigsten Produkts, des optischen Kommunikationsmoduls Condor starten, das für Weltraum-zu-Weltraum- und Weltraum-Boden-Anwendungen konzipiert ist. Die ersten vom US-Militär beauftragten Laserterminals sind ausgeliefert worden. „Unsere Systeme werden in Zukunft zentraler Bestandteil sowohl von Regierungs- als auch von kommerziellen Satelliten-Konstellationen sein“, ist Mustafa Veziroglu, CEO von Mynaric, überzeugt. Auch in Europa geht es für das Startup voran: Von der European Space Agency (ESA) wurde es ausgewählt, um den Einsatz optischer Technologien für die nächste Generation von Inter-Satelliten-Links zu entwickeln. Darüber hinaus arbeitet die Bundesregierung mit Mynaric an mehreren Projekten zur Weiterentwicklung der Quantenkommunikation.
Mehr Informationen: Mynaric
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