Wertstoffkreislauf: Neue Rohstoffe aus Altreifen

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Millionen von Altreifen lagern in Kuwaits Wüstensand. Der größte Reifenfriedhof ist sogar aus dem Weltall zu sehen. Das ist nicht nur eine ökologische Katastrophe, sondern auch Symbol für die sinnlose Vernichtung wertvoller Ressourcen. Abfälle haben großen Wert, wie die Firma Pyrum Innovations aus dem Saarland zeigt. Sie hat ein besonderes Recycling-Verfahren für Altreifen entwickelt – und ist damit bei der Industrie sehr gefragt.

  • Pyrum recycelt Abfälle wie Altreifen, Bitumen-Matten, Gummiabfälle, PE/PET-Produkte oder Ölschiefer.
  • Daraus entstehen Produkte wie Gummimehl, Rohöle, Koks, Aktivkohle, Gas, Strom und Abwärme.
  • Das Verfahren spart 72 Prozent mehr CO2 als das aktuelle Reifen-Recycling in Deutschland („Fraunhofer Umsicht“).

Die Rückgewinnung von Rohstoffen aus Abfall wird zum großen Thema der nächsten Jahre – nicht nur um die knapper werdenden fossilen Ressourcen zu ersetzen, sondern auch um die globalen Klimaziele zu erreichen. Die aktuelle Energie- und Rohstoffkrise hat der Kreislaufwirtschaft enormen Schwung verliehen. Das Geschäftsmodell von Pyrum Innovations passt also in die Zeit. Denn das Unternehmen aus dem saarländischen Dillingen hat ein nachhaltiges Thermolyse-Verfahren entwickelt, das Altreifen und Kunststoffabfälle in wertvolle neue Rohstoffe umwandelt. In den Recyclinganlagen von Pyrum werden die Abfälle unter Sauerstoffausschluss in ihre ursprünglichen Bestandteile zerlegt, Altreifen beispielsweise in Öl, Kohle und Gas. Der Thermolyse-Reaktor – Kern der Anlage – kann viele Hundert Kilogramm Gummigranulat pro Stunde verarbeiten. Das freigesetzte Gas nutzt Pyrum, um seine Werke autark mit Energie zu versorgen.

Ökonomie und Ökologie verbinden

Laut der Initiative der Zertifizierten Altreifenentsorger (ZARE) fallen in Deutschland 600.000 Tonnen Altreifen jährlich an und nur 30 Prozent davon werden über die zertifizierte Altreifenentsorgung verwertet. Da Altreifen nicht verrotten, sind sie bei falscher Entsorgung eine Gefahr für die Umwelt. Zahlreiche illegale Deponien zeugen davon. Aber auch die gängigen Entsorgungswege gehen stark zulasten der Umwelt und stehen in der Kritik. Deutschlands Zementindustrie, die bisher einen großen Teil der Altreifen verwertete, fährt die Verbrennung in den Öfen zurück. 2025 soll die Entsorgung über die Zementindustrie hierzulande ganz verboten werden. In Ländern wie Schweden, Finnland, Belgien und Norwegen ist das Verbot bereits in Kraft. Aber auch die Verwertungsmöglichkeiten von granulierten Altreifen, zum Beispiel eingesetzt in Bodenbelägen oder auf Sportplätzen, nehmen ab. Und auch die neue Sensibilität für die Energie- und Rohstoffbeschaffung infolge des Ukraine-Kriegs hat die Nachfrage nach dem CO2-schonenden Pyrum-Recycling erhöht.

CEO Pascal Klein, der Pyrum 2008 zusammen mit seinem Vorstandskollegen Michael Kapf gründete, hat das Unternehmen vom kleinen Labor zum großindustriellen Maßstab entwickelt und an die Börse geführt. Bis 2030 will Pyrum zusammen mit dem Hamburger Mineralöllogistiker Unitank bis zu zehn neue Pyrolyse-Anlagen in Europa aufbauen. In Kürze geht am Unternehmenssitz Dillingen auch ein zweites Werk in Betrieb, in dem pro Jahr 20.000 Tonnen Altreifen recycelt werden können.

Vom Nachhaltigkeitsgedanken zu konkreten Projekten

Inzwischen kooperiert Pyrum mit Industrieunternehmen wie Siemens, Mercedes Benz, BMW oder dem Fahrradreifen-Hersteller Schwalbe, der künftig den recycelten Industrieruß zur Reifenherstellung nutzen will. Mercedes-Benz will mit BASF und Pyrum einen Wertstoffkreislauf schließen, indem die Altreifen des Autobauers so umgewandelt werden, dass daraus neuwertiger Kunststoff entsteht. Dieser soll zunächst bei Türgriffen zum Einsatz kommen. Ein weiteres aktuelles Projekt: Im Dezember 2022 startete Pyrum gemeinsam mit BMW ein Pilotprojekt, das ein Recycling der in der BMW-Niederlassung Saarland anfallenden Altreifen in der Dillinger Recyclinganlage vorsieht.

Mehr Informationen: Pyrum Innovations