Abhängigkeitsgefahr: EU-Klage gegen TikTok

Die EU-Kommission will gegen TikTok vorgehen, weil die Algorithmen Nutzer abhängig machen sollen. Tatsächlich erkennen Suchtexperten Parallelen zu Drogen. Gerichte sollen nun prüfen, ob Suchtgefahr besteht. Eine Gruppe ist demnach besonders betroffen.

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„TikTok ist die Hölle. Aber schon verdammt gut gemacht“, beschreibt der österreichische ORF-Journalist Armin Wolf in einem Gastbeitrag für das Portal Übermedien, was viele Menschen aus eigenem Erleben kennen. Er sei ein erwachsener Mensch und an sich nicht suchtaffin, „aber wenn ich die TikTok-App mal offen habe, kriege ich sie kaum wieder zu.“

Es sind Erfahrungen wie diese, welche die Europäische Kommission nun zu einer Klage gegen die chinesische Video-App veranlasst haben: Gerichte sollten – neben der Einhaltung der Regeln des Jugendschutzes – prüfen, ob Suchtgefahr besteht. Zumindest die Wirkmacht der Plattform ist kaum zu überschätzen. TikTok ist im September 2016 erschienen. In nur acht Jahren ist die App so rasant gewachsen, dass sie weltweit auf Platz fünf der größten Social-Media-Apps liegt – mit über 1,5 Milliarden Nutzerinnen und Nutzern.

Dass die Algorithmen der App das Verhalten stark beeinflussen können, zeigt ein besonders krasser Fall in Hamburg. Im Januar 2023 wollten 18-jährige Zwillingsschwestern auf einem Bahngleis ein Video für TikTok drehen. Vor einem anfahrenden Zug wollten sie wegspringen. Der Versuch misslang, die Schwestern wurden von einem Regionalexpress erfasst. Eine der beiden starb, die andere überlebte schwer verletzt. Und erzählte Monate später dem „Hamburger Abendblatt“, dass sie TikTok gelöscht habe. Wichtig seien für die Zwillingsschwestern der Kick und die TikTok-Videos gewesen. „Da kriegt man Likes. Da ist man jemand.“

Der Suchtmediziner Patrick Bach vom Zentralinstitut für seelische Gesundheit in Mannheim ist Experte auf dem Gebiet der Verhaltenssüchte. Er kennt den spezifischen Fall aus Hamburg nicht, erklärt aber: „Social Media und besonders TikTok regen die Videoproduzenten dazu an, Beiträge zu machen, die herausstechen. Sich in gefährlichen Situationen zu filmen ist hier sicherlich ein gutes Beispiel.“ Damit bekämen sie nicht nur mehr Likes, sondern auch mehr Geld.

Mehr zum Thema in einem Beitrag der Wirtschaftswoche