Editorial AGEV im Dialog Juni 2024
Die AGEV war und ist unpolitisch und lediglich ihren Mitgliedern verpflichtet. Zur EU-Wahl habe ich daher nur ausgewählte Fakten zusammengetragen, die Sie für sich selbst einordnen können. Das können Sie vermutlich besser als ich.
- Die CDU hat fast alle Landkreise im Westen gewonnen, die AfD fast alle in den „neuen“ Ländern, wenige Ausnahmen bestätigen die Regel. Deutschland bleibt zweigeteilt.
- Bei den Präferenzen gibt es eine hohe Korrelation zwischen Wahlentscheidung und Bildungsstand. Die AfD-Wähler haben im Schnitt den niedrigsten Bildungsstand, die Grünen-Wähler den höchsten. Damit haben jene ausgerechnet die Partei gewählt, deren ökonomisches Programm gegen sie selbst gerichtet ist.
- In ganz Europa haben die Grünen an Boden verloren. Ausnahme: die skandinavischen Länder, die die höchste Lebenszufriedenheit und den größten Wohlstand bieten. Dort sind deren Werte teils sogar gestiegen.
- Das Thema, das bei den Wählern am meisten an Bedeutung verloren hat, ist der Klimaschutz mit minus 9 Punkten. Gleichzeitig hat Deutschland das wärmste Frühjahr aller Zeiten hinter sich. Setzt sich der eingeschlagene Trend fort, bewegt sich das Klima auf plus 3,1 Grad zu, was die Gesellschaft wirtschaftlich nicht mehr abfedern kann und vermutlich unkontrollierbare Kipppunkte auslöst.
- Bei den Jungwählerinnen waren bei der Bundestagswahl 2021 die Grünen die beliebteste Partei, bei den Jungwählern die FDP. Bei der EU-Wahl hingegen hat die AfD ihren Stimmenanteil auf 16 % verdreifacht und erreicht fast die Werte der CDU (17 %). Grüne und FDP haben zusammen nur noch 18 %.
- In der Zeit dazwischen hat sich Tiktok für die Jungen zur entscheidenden Meinungsplattform entwickelt. Dort entwickelt sich keine Meinungsbildung nach herkömmlichem Muster. Stattdessen scrollen die Nutzer durch die Bilder. Das merkt der Algorithmus und spuckt dann z. B. nur noch AfD-verharmlosende Inhalte aus, um den Nutzer bei der Stange zu halten.
Schon vor 20 Jahren hat die AGEV mehr Politik- und Medienbildung in der Schule gefordert. Jetzt scheint es fast zu spät dafür zu sein. Wir werden diese Forderung wieder aufnehmen.
Dass wir uns in einer Zeit der Multikrisen befinden, muss man der Ampel zugutehalten. Aber es gibt eben auch zahlreiche Beispiele für handwerkliches und kommunikatives Unvermögen, die ihr desaströses Abschneiden bei der Wahl erklären. Zu den größten Fehlleistungen zählt das Rentenpaket II, das die AGEV als einer der ersten Verbände schon vor drei Monaten kritisiert hat. Erst vor zwei Wochen kam die unbefriedigende Antwort aus dem Finanzministerium, die Sie hier lesen können.
Die seit Jahren an dieser Stelle geäußerten Befürchtungen, dass die Sozialversicherungsbeiträge unsere Zukunft auffressen, werden offenbar noch getoppt: Experten erwarten einen Gesamtbeitragssatz von 51 %! Wer stellt dann noch neue Arbeitnehmer ein? Das hat jetzt – sehr spät – die FDP erkannt. Mit dem Mute der Verzweiflung wollen einige Abgeordnete das Paket noch verhindern. Drücken wir ihnen die Daumen!
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